Lome Teil 2
Ich war trotzdem aufgeregt, als er die Trips verteilte. Für jeden ein Stückchen Löschpapier. Das sollten wir eine Viertelstunde im Mund aufbewahren, richtig aussaugen und kauen. Danach den Rest einfach runter schlucken. Es schmeckte neutral, nicht unangenehm. Ich dachte, dass es gleich »Plopp!« macht, doch es passierte nichts. Jedenfalls nicht sofort. Wir wurden mit der Zeit ruhiger und kreativ. Am Fockmast hingen verschiedene Bändsel und Taue, die mein Interesse weckten. Ich versuchte einen Schraubplating zu flechten, richtig mit Freude, und hatte das Gefühl, gerne mit Menschen zusammen zu sein, etwas zu unternehmen. Den anderen ging es ähnlich. Wir strahlten uns an, lachten ohne Grund. Es war das erste Mal, dass wir in Togo so gute Laune hatten.

Irgendjemand kam schließlich auf die Idee, eine Ruderpartie durch den Hafen zu machen. Der Vorschlag wurde angenommen. Nur Morishda blieb an Bord. Wir ruderten glücklich ins Abendrot. Elise summte leise vor sich hin. Das Dingi war hoffnungslos überladen. Das Wasser reichte fast zu den Dollbords. Es machte uns keine Angst. Wir blinzelten einander zu, kommunizierten wortlos, fühlten Übereinstimmung auf einer höheren Ebene und grenzenlose Dankbarkeit für alles Geschaffene. Die Sonne versank goldrot hinter den Lagerhäusern. Die Zeit hörte auf zu existieren. Es gab nur noch Liebe. Frieden und Liebe:
»Peace and love.«

Unsere Reise durch die Nacht führte zu dem einzigen Wrack, das im Hafen lag. Bugspitze und Maststengen ragten aus dem Wasser. Gestrandete Schiffe faszinierten mich. Ein paar Tage zuvor war ich schon einmal dort gewesen. Nun wirkte alles viel schöner, die Farben intensiver, die Konturen schärfer. Das Holz des Havaristen glitzerte und blinkte, als wäre es mit Diamantstaub belegt.

Wir ruderten weiter nach »Rusty Island«, mehrere miteinander verbundene Pontons, die wie eine rostige Insel im Hafen verankert lagen, etwa eine Kabellänge von der Golden Harvest entfernt. Dort gingen wir glückselig längsseits. Es war angenehm, auf diesen von der Sonne erwärmten Tragschiffen barfuß zu laufen, in der lauen Luft.

Elise schlug vor, ein campfire zu machen, mit dem trockenen Pallholz, das überall herumlag. Das Zusammentragen bereitete Vergnügen. Dann saßen wir um die brennenden Scheite mit dem Gefühl, einander zu mögen, wussten auf einmal, was wir so lange Zeit gesucht hatten: Liebe! Ich liebte die ganze Welt und fühlte mich sehr leicht, auch wenn das mit dem Fliegen nicht funktionierte. Es gab keinen Horror, keine Verwirrung. Ich starrte in die Flammen, wartete auf Halluzinationen, Totenköpfe und Gesichte. Nichts erschien, nicht mal ein lumpiger Geist.