Lagos Teil 10
Zum Frühstück aßen wir Rührei mit Speck. Danach ging es wieder raus auf Reede. Das Fieber ließ nach. Es gab erneut Funkkontakt mit der Astrid Schulte. Neue Gerüchte und alte Fragen. Die Dünung war genau so gemein wie Tags zuvor. Gegen Mittag stiegen über dem Regenwald im Norden schwarze Wolken auf. Die Luft ließ sich kaum noch atmen. Über Funk kam ein Ruf von der »Odysseus«, einem griechischen Frachter. David mochte keine Griechen. Er brüllte ins Mikrophon, fing an zu fluchen und übernahm selbst das Ruder. Volle Kraft voraus!

Je näher wir dem Griechendampfer kamen, desto wütender wurde unser Retter. Er demonstrierte lebhaft, wie man eine Ziege fickt. Eine pantomimische Glanzleistung, die ich von den Kollegen auf der Patria kannte. Dort wussten alle, dass die Griechen Ziegenficker waren. Die wussten auch, wie man es machte. Mit übergroßen Gummistiefeln. Die Sitte des Ziegenmissbrauchs stammte von dem griechischen Weidegott Pan, dem Gott der unbegrenzten Freiheit und des gesetzlosen Lebens, der sich dem Genuss der wilden Natur hingab. Wer ihn unvermittelt aus dem Schlaf weckte, dem brachte Pan den panischen Schrecken.

David fuhr aggressiv an den Frachter heran, brachte dann durch volle Kraft achteraus den Wassertanker brutal zum Stehen. Das Schiff bebte. Er stürzte aus dem Ruderhaus und begrüßte mit geballter Faust den griechischen Kapitän, der an der Reling stand, auf Höhe des Fallreeps. Eine ungepflegte Erscheinung mit zornigem Gesicht. David weigerte sich fluchend, die Leinen in Empfang zu nehmen.

Der Kapitän der Odysseus fluchte zurück. In seiner zerlumpten Galauniform und mit den wirren langen Haaren, sah er aus wie der fliegende Holländer. Sein Schiff war derart stark verrostet, dass man nicht einmal mehr den Namen am Heck erkennen konnte. Eine Ursache für Davids Zorn lag wohl im Kommandoton, den dieser Grieche am Leib hatte. Der wollte, dass man ihm Wasser lieferte, und zwar sofort!

Den Matrosen an der Reling hingen derweil die Zungen aus den wehleidigen Gesichtern. Die hatten schon tagelang kein Wasser mehr getrunken. Aus den Aufbauten kam eine Rotweinfahne. Der Grieche drohte mit der Faust. Er fluchte pathetisch:
»Fuck you bloody bastards!«
Es sei sein verficktes Menschenrecht, Wasser zu bekommen. Die Mannschaft sei am Verdursten. Er schlug auf die Relingsleiste, dass es staubte. Seine Stimme schnappte über. David sei der Sohn einer läufigen Hündin:
»Son of a bitch!«
Er wollte uns alle fertig machen:
»I fuck you all!«