Lagos Teil 8
Wir wurden in verschiedene Hütten eingeladen, die aussahen wie kleine Läden, mit überdachten erhöhten Bürgersteigen aus Holz, als Schutz vor dem Schlamm. Die Eingänge waren groß wie Schaufenster und mit Rolläden gesichert. An der Rückwand gab es normal große Türen, meistens mit Tüchern verhangen. Gelegentlich ragten die verzierten Antennen neugieriger Frauen hinter den Stoffbahnen hervor. An den bemalten Wänden standen Tische, Stühle und Lautsprecherboxen. Aus jeder Hütte tönte Reggae-Musik mit dumpfen Bässen.

Überall, wo wir hinkamen, schickten sie Kinder los, kalte Coca-Cola zu kaufen, in kleinen Drittelliter Flaschen. Wenn jeder etwas zu trinken hatte, musste ich mir Schallplatten anhören. Das Neueste von Bob Marley, Peter Tosh und Fela Kuti. Sie mochten die Rhythmen. Ismael sprach von Operation Namibia, von der Golden Harvest, dass es eine Antiapartheidaktion sei und Fela Kuti Bücher gespendet habe:
»He is a friend of Operation Namibia!«

Jeder kannte eine Geschichte über brother Fela Ransome Kuti. Ob ich schon seine NNG-Konfitüre probiert hätte? Einen Brotaufstrich aus natürlichem nigerianischen Gras, den man notfalls auch ohne Brot essen konnte? Fela war ein afrikanischer Held. Er wollte sich zum Präsidenten wählen lassen.

»Expensive shit« wurde aufgelegt. - »Teure Scheiße!« - Felas neueste Platte. Sie erzählten mir die Story: Das Militär hatte mit mehr als tausend Soldaten Felas »compound« gestürmt und versucht, ihm Hanf unterzuschieben. Fela verspeiste das Gras in Notwehr. Sie verhafteten ihn, um seinen Stuhlgang zu überwachen. Sieben Tage blieb Felas Verdauung das einzige Thema in Lagos. Nach einer Woche stand in den Zeitungen auf Seite eins:
»Fela shit!«
Er hat geschissen!

Es gab keinen Hinweis auf Gras.
Er musste freigelassen werden.