Lagos Teil 3
Am Nachmittag mache ich mich auf die Suche nach dem Schoner, folge einfach der Pier bis zu einem der Hafentore. Die Soldaten dort fragen, woher und wohin. Ich sage:
»Jiggi jiggi!«
Dafür haben sie Verständnis.

Vor meinen Augen liegt ein großer staubiger Platz mit einer Anlegestelle für die Fähren nach Lagos Island. Am Ende der Kaimauer versperrt ein Maschendrahtzaun den Weg. Dahinter befinden sich Holzlager und verschiedene Gebäude, große Montagehallen. Slipanlagen sind nicht zu erkennen. NPA DOCKYARD - KEEP OUT! steht auf einem Schild: Werftgelände der nigerianischen Hafenmeisterei: »Nigerian Port Authority Lagos/Apapa.«

Ich folge dem Zaun landeinwärts. Die Mittagssonne macht mir zu schaffen. Die kleine Werft ist größer, als ich dachte. Die Zufahrt wird von Soldaten gesichert. Aus meiner Gestik entnehmen sie, dass ich legitimiert bin, das Areal zu betreten. Sie lassen mich ohne Kontrolle passieren.

Geschafft. Im Schatten der Werkstatthallen zünde ich mir eine Zigarette an und freue mich über den Verlauf der Erkundung. Kein Mensch ist zu sehen. Nur Bojen und Fischernetze, Anker und Ankerketten, Taue und Drähte und Trossen. Es ist absolut windstill. Die Luft riecht nach Teer und toten Fischen. Eine herbe Hafenmischung, mit einem Hauch von Leinöl und Dieseldunst. Ich fühle mich gut, gehe weiter im Schatten der Holzbaracken, bis zur Helling mit den Slipanlagen unten am Wasser.

Hinter der Rampe ragen zwei hölzerne Masten in den Himmel, mit viel Takelage und einem Gaffelsegel. Es leuchtet in der Sonne. Das Schiff zieht mich an wie ein Magnet. Ich laufe quer über die Helling, um abzukürzen, muss noch zwei Bretterzäune überwinden und stehe dann auf der alten Pier. Mein Traum liegt zum Greifen nah. Sie ist aus Holz gebaut und schön. Eine Königin der Meere. Am Bug steht in goldenen Buchstaben ihr Name:
»Golden Harvest«